Mitte August 2013 haben wir uns auf die Spuren der Römer in Oberösterreich begeben. Um es gleich vorweg zu sagen: Außer ein paar Informationstafeln entlang der Strecke, die auch auf die Römerzeit Bezug nehmen, ist uns kein "Römer" begegnet. Wohl aber eine wunderschöne Landschaft mit netten Dörfern und kleinen oder etwas größeren Städten. Angepriesen wird die Route als familienfreundlich. Ja, sportliche Familien werden sich wohlfühlen und die eine oder andere ordentliche Steigung mit sportlichem Gleichmut bewältigen.
Unsere Etappen waren:
- Anreise Nidderau - Schärding
- Schärding - Ering, 44 km
- Ering - Frankenmarkt, 61 km
- Frankenmarkt - Attersee, 17 km
- Attersee - Wels, 58 km
- Wels - Enns, 47 km
- Enns - Mauthausen - Linz, 33 km
- Linz - Passau (genüsslich mit dem Schiff)
- Passau - Schärding, 18 km
- Abreise Schärding - Nidderau
Karten und Führer:
Römer-Radweg, 1. Auflage 2010, bikeline Radtourenbuch, Verlag Esterbauer
Internet:
a title="Link zum Internetangebot "Römerradweg""""""http://www.roemerradweg.info/home.html
a title="Link zur Wikipedia: Römerradweg"""""http://de.wikipedia.org/wiki/Römer-Radweg
Schärding
Die Anreise nach Schärding ist problemlos verlaufen. Es ist das verlängerte Wochenende rund um Maria Himmelfahrt; viele scheinen, so wie wir, Kurzurlaub zu machen. Zudem sind in Österreich und im angrenzenden Bayern noch Schulferien.
Wir genießen am Nachmittag - es ist Feiertag - bei einem Stadtbummel die sommerlichen Temperaturen. Die Cafés am Stadtplatz könnten gut noch zusätzliche Tische und Stühle gebrauchen; die Bedienungen haben alle Hände voll zu tun. In den Seitengassen um den Stadtplatz herum werden Tische und Bänke aufgestellt, abends wird ein Stadtfest eröffnet.
Über das Schloss kommen wir zum Inn hinunter. Hier ist es ruhiger. Und aufgeräumt. Von den Folgen der Sommerflut 2013 künden nur noch die offenen Fenster und Türen in den Häusern am Inn. Die neuesten Hochwassermarken sind noch gar nicht angebracht; aber sie werden die Marke der Flut von 2003 noch übertreffen. Alle Marken zeigen, nach der Flut ist vor der Flut. Die betroffenen Anwohner müssen wahre "Stehauf-Männchen" sein, um sich immer wieder neu für die Renovierung oder den Wiederaufbau zu motivieren.
Wir übernachten im Hotel Biedermeier Hof, dort können wir auch unser Auto für die Dauer der Tour parken.
Schärding - Ering
Am nächsten Morgen radeln wir los über die Innbrücke nach Neuhaus. Weiter geht es nach Ruhstorf; mit einem kleinen, steilen Abstecher zur Siebenschläferkirche (geweiht nach den Heiligen von Ephesus).
Im nachfolgenden Pocking entscheiden wir uns für die Route über Kirchham nach Aigen; die Alternativroute wäre über Bad Füssing gewesen. Zwischen Pocking und Kirchham fahren wir an Teichen vorbei. Kurz vor Aigen kommen wir zu einem Gehege für Bären, die ihren Lebensabend dort verbringen können, sozusagen ein Altersheim für Bären.
Viele Kirchen, die wir gesehen haben (und noch sehen werden), sind sehr alt und viele davon barockisiert. So auch die Kirche St. Leonhard in Aigen. Ganz nah an der Kirche ist ein Keramikladen mit schönem Steinzeug. Wir können leider nur bewundern, mit den Rädern sind die Staumöglichkeiten doch sehr begrenzt. Über Aufhausen und Biberg erreichen wir nach 44 km Ering. Das Schloss Esterhazy kann man nicht besichtigen, wohl aber die Kirche Maria Himmelfahrt, erbaut so um 1400.
In der Schlosspension ist ein Zimmer für uns reserviert.
Ering - Frankenmarkt
Am nächsten Morgen wechseln wir das Innufer und den Staat. Wir sind nun in Österreich. Noch auf deutscher Seite passieren wir das Info-Center Europareservat Unterer Inn, was zu so früher Stunde leider noch geschlossen ist. Über den Inn ist ein Wasserkraftwerk gebaut, das wir als Brücke nutzen können.
Wir folgen in Oberösterreich von nun an dem R6 - Römerradweg, nach Frankenmarkt sollen es 56 km sein. Vorbei an Schloss und Kapelle Frauenstein radeln wir bis Altheim. Weiter geht´s über Polling bis nach Au; dort entscheiden wir uns für die Wegvariante über Kirchheim nach Waldzell. In Waldzell führt der Weg an einer Kneippstelle vorbei, Gelegenheit für eine "gesunde" Pause.
Dann wird es bergig, so gar nicht familienfreundlich. Bevor es in die Waldserpentinen (Kobernaußerwald) zur Passhöhe "Flucht" auf 700 Meter geht, nutzen wir einen Gasthof zur Pause. Das Schöne an Pässen ist, dass es nach dem Anstieg wieder abwärts geht, dieses Mal sind es etliche Kilometer bis nach Frankenmarkt.
Gut, dass wir in der Pension "Landhaus Schmidt" morgens ein Zimmer reserviert hatten. Insgesamt sind wir 61 bergige Kilometer geradelt (und geschoben).
Frankenmarkt - Attersee
Für den Römerradweg ist der Attersee ein Abstecher. Den nehmen wir und freuen uns auf den See (es ist Badewetter!) und das versprochene Alpenpanorama. Es bleibt aber hügelig bis bergig, zum Frühsport "Radeln" kommt "Schieben" hinzu.
Ein Defekt am Fahrrad macht es nicht leichter; eine Pedale gibt den Geist auf. Wir haben Glück: In St. Georgen ist ein Fest und dazu auch noch verkaufsoffener Sonntag. Der örtliche Fahrradhändler verpasst dem Rad neue Pedale, so dass wir unbesorgt weiter radeln können.
Unser Ziel ist Attersee am Attersee, das wir nach 17 km erreichen. Der See ist größer als vermutet, das Alpenpanorama überwältigend. Am anderen Ufer in Weyregg soll der Maler Klimt die Sommermonate verbracht haben. Noch ist Badewetter, was auch genutzt wird. Unsere "Pension Viehböck" liegt direkt am See mit Privatstrand!
In Attersee ist die evangelische Kirche mit ihren nummerierten und mit Namen versehenen Banksitzplätzen ebenso sehenswert wie die katholische Maria Himmelfahrtskirche oberhalb von Attersee mit Blick auf den See.
Am Abend zieht ein Gewitter auf und geht über in einen nächtlichen Landregen.
Attersee - Wels
Am Morgen ist es deutlich kühler als an den Vortagen. Wir lassen uns per Bahn wieder hinauf auf den Römerradweg bringen. Von Attersee nach Vöcklamarkt fährt seit 100 Jahren die Schmalspurbahn "Attergaubahn". Wir steigen ein und lassen uns bis Haid mitnehmen. Bald erreichen wir Gampern und kurz darauf sind wir in Oberthalheim in der St. Anna Kirche. Es ist schon erstaunlich, wie gut diese alten Kirchen renoviert und restauriert sind; St. Anna jedenfalls ist sehenswert.
Wir kommen nach Vöcklabruck. Am Stadtplatz mit seinen klassizistischen und barocken Bürgerhäusern - begrenzt durch den unteren und den oberen Stadtturm (15. Jahrhundert) - genießen wir einen Latte Macciato im Sonnenschein. Am Bahnhof springt uns eine Werbung ins Auge: 100 Gründe, 100 zu werden! (gefördert durch die EU!).
Weiter geht´s in Richtung Wels. In Attnang fahren wir an einem überdachten Kirchenaufgang vorbei. Nach Schwanenstadt ist es erst einmal mit dem Römerradweg vorbei; der ist wegen Hochwasserschäden gesperrt. Auch der Traun hat seine Macht gezeigt. Wir werden auf dem R4-Traunweg nach Lambach umgeleitet. Das dortige Benediktinerstift ist schon von weitem nicht zu übersehen. Wir belassen es dabei und radeln wieder auf dem R6-Römerradweg weiter nach Wels, das wir nach 58 km erreichen.
Wir schaffen es gerade noch zu unserem "Hotel Kremsmünsterhof" am Stadtplatz, bevor es heftig zu regnen beginnt. An einen Stadtbummel ist nicht zu denken. Aber Essen und das Bier im Gösserbräu-Haus entschädigen. Bis zum frühen Morgen "schüttet" es!
Wels - Enns
Grau ist es auch am nächsten Morgen. Bis Haid fahren wir am Traun entlang (R4/R6). Dann wird es wieder bergig. Zum Wambacher Wolfjägerhof sind auch einige geschobene Meter dabei. Leider hat die Hofgaststätte heute ihren Ruhetag; ein Glas kalte Milch hätte sicher gut getan.
Aber noch haben wir nicht Sankt Florian erreicht. Bis dahin müssen wir weiterhin ordentlich in die Pedale treten und zum Schluss auch etliche Meter schieben. Das Stift St. Florian - ein Augustiner Chorherrenstift von 1700 - entschädigt für die Mühen, die es uns gemacht hat. Wir haben leider nur die Stiftsbasilika Maria Himmelfahrt von innen gesehen. Ansonsten wird kräftig renoviert und restauriert. In der Basilika hat u.a. Anton Bruckner die Orgel gespielt; leider werden dienstags (heute!) und samstags die täglichen Orgelkonzerte auf der Brucknerorgel nicht gegeben.
Wir radeln weiter nach Enns. Zur Altstadt müssen wir wieder "hoch". Am Stadtplatz mit dem Stadtturm von 1565 ist unser Hotel "Das goldene Schiff", das wir nach 47 km erreichen. Enns ist die älteste Stadt Österreichs; Stadtrechte bekam es schon 1212. Sehenswert ist insbesondere die Altstadt mit Schloss Ennsegg und dem Blick von oben auf die Enns und das Donautal.
Wir sind nicht das erste Mal ins Enns. Auf unserer Radtour nach Wien im Jahr 2004 haben wir in Enns Pause gemacht.
Enns- Mauthausen - Linz
Der nächste Tag beginnt mit einer Überfahrt auf einer Radfähre über die Donau nach Mauthausen.
Wir haben lange überlegt, ob wir die KZ-Gedenkstätte Mauthausen besuchen sollen. Mit ihr kann man Urlaubsgefühle nur ganz schwer unter einen Hut bringen. Wir sind trotzdem zu ihr hochgeradelt auf dem Fußweg, der aber nur unwesentlich weniger steil als die Straße zum Lager ist. Denn das ehemalige KZ liegt oben auf dem Hügel.
Zuerst sieht man monumentale Granitbauten und denkt, aus welchem Jahrhundert mögen die wohl stammen. Später erfährt man, dass jeder einzelne Stein ab August 1938 von Häftlingen unter menschenunwürdigen Bedingungen im nahegelegen Steinbruch gebrochen und in Form gehauen worden ist. Und wenn nicht von einem Häftling, dann eben von einem anderen.
Denn das war das Ziel der Nazi-Schergen: Möglichst viele Häftlinge arbeiten und sterben zu sehen. Über 100.000 Menschen haben die Nazis dort umgebracht oder totarbeiten lassen oder verhungern lassen oder hilflos sterben lassen.
Viele Nationalitäten sind davon betroffen; jede Nation hat nach Kriegsende ihr eigenes Denkmal errichtet. Hilflos steht man vor dem monumentalen Denkmal der Bundesrepublik; aufgehoben fühlt man sich durch das Denkmal der DDR mit dem Brecht-Zitat.
Wenn man im Lager ist, schaut man auf die Bauernhöfe und Gehöfte in der nahen Umgebung. Je nach Wind hört man Menschen dort arbeiten. Heute. Damals hat man nichts gehört oder man war einverstanden oder man wollte nichts hören.
Das eingerichtete Museum ist beeindruckend. Es stellt die Fakten dar. Die Schlussfolgerungen muss der Besucher selbst treffen.
Wir haben uns geschämt! Manchmal ist es nicht leicht, gebürtiger deutscher Staatsbürger zu sein.
Bis nach Linz sind wir dann fast schweigend geradelt. Die Fahrt war gut und hat dazu beigetragen, wieder "normal" zu werden; trotzdem, vergessen kann man das Gesehene nicht. Bis heute nicht! Hoffentlich wiederholt sich die Geschichte nicht, angesichts der ethnisch begründeten Konflikte in der Welt aber eine trügerische Hoffnung.
Linz haben wir nach insgesamt 33 km erreicht. Auf dem Stadtplatz wird gerade ein Fest vorbereitet. Unser "Hotel Wolfinger" wird von einer großen Bühne verdeckt. 2004, als wir in Linz waren, hat es geregnet. Nun scheint die Sonne und der Himmel ist fast wolkenlos. Da macht der Stadtbummel Spaß und sorgt auch für andere, für fröhlichere Gedanken.
Bruckner ist sehr präsent: Stadtpfarrkirche, Alter Dom, Dom. Die KuK-Hofbäckerei Fritz Rath ist noch da. Die Minoritenkirche muss man gesehen haben. Ebenso das Lentos, das Kunstmuseum am Ufer der Donau. Schmackhafte und preiswerte traditionelle und regionale Küche bekommt man im ältesten Gasthaus in Linz, im Goldener Anker. Die Original Linzer Torte in einer Konditorei war aber nicht der Renner, da hatte der Konditor wohl einen schlechten Tag.
Linz - Passau
Kurz gefasste Reisebeschreibung: Schifffahrt nach Passau, gemütlich und entspannend. Lange haben wir den Sonnenschein auf dem Oberdeck genießen können. Und dabei zum Teil die Orte und Uferabschnitte wieder entdeckt, die wir auf unserer Radtour nach Wien passiert hatten. So von der Mitte der Donau aus betrachtet eine ganz andere Perspektive.
Am späten Abend sind wir dann in Passau angekommen. Gut, dass wir von Linz aus schon ein Hotel gebucht hatten. Das "Hotel am Paulusbogen" erwartete uns schon.
Passau – Schärding
Bevor wir nach Schärding am nächsten Morgen aufbrechen, bummeln wir noch durch die Stadt Passau. Auch wenn die offenkundigen Schäden des Hochwassers beseitigt sind, sieht man in Nähe des Inns oder in Nähe der Donau schon noch die Auswirkungen. Leere Geschäfte in bester Lage sperrangelweit geöffnet, leere Gasthöfe, leere Wohnungen usw. Dazu Hinweise allerorten, wo die Hilfsgelder zu beantragen sind. An vielen Häusern sieht man den Stand des Hochwassers noch, ohne dass es dafür Hochwassermarken bedarf.
Der Dom von 1695 ist beeindruckend, auch wenn der italienische Barock sicher nicht jedermann gefällt. Im Dom ist die größte Kirchenorgel der Welt verbaut; allein 17.900 Pfeifen soll sie umfassen. Sehen und zählen kann man sie wohl nicht von unten aus dem Kirchenschiff. Aber wir sind ja in einem katholischen Gotteshaus, da wird geglaubt.
Wir radeln zum Inn und an ihm aufwärts in Richtung Schärding. Vom Kloster Niederburg aus kann man gut die Wallfahrtskirche Maria Hilf hoch oben am anderen Ufer sehen. Wir bleiben auf der deutschen Seite, passieren die Universität von Passau und später dann das Wasserkraftwerk Ingling. Bei Neuburg/Wernstein legen wir am Mariensteg eine kleine Rast ein. Danach heißt es, kräftig in die Pedale zu treten. Und/oder zu schieben. Und an manchen Stellen werden die RadlerInnen aufgefordert, das Rad aus Sicherheitsgründen zu schieben. Nun denn, es ist steil, loser Schotter, ...
In Vornbach erfreut uns die Pfarrkirche, die schön renoviert und restauriert worden ist. In Erinnerung behalten wir Vornbach auch deshalb, weil wir gut zu Mittag gegessen haben, bevor wir dann nach 18 km zurück nach Schärding gekommen sind. Damit hatte sich der Kreis wieder geschlossen.